Da unser Arbeitstherapiegebäude durch Holzwurmbefall im Dachgebälk und eine insgesamt sehr schlechte Bausubstanz nicht mehr instand zu setzen war, planten wir einen Ersatzneubau, der im Juni 2021 eröffnet wurde. Das neue Gebäude schafft die räumlichen Voraussetzungen, um auf die Leistungsfähigkeit der Bewohnerinnen und Bewohner angepasste Arbeitstherapieprojekte anzubieten.
Viel Eigenleistung durch Bewohner und Arbeitsanleiter
Die Bauphase selbst wurde in die therapeutische Idee der Einrichtung, möglichst viel an eigener Leistung mit einzubringen, eingebunden. So wurden von Bewohnerinnen, Bewohnern und Arbeitsanleitern über 5.500 Arbeitsstunden geleistet.
Während die schweren Gewerke (Fundament, Rohbau, Installationen) von Fachfirmen durchgeführt wurden, konnten viele Arbeiten beim Ausbau des Gebäudes im Rahmen der Arbeitstherapie unter Anleitung der Arbeitstherapeuten (überwiegend Handwerksmeister) ausgeführt werden. So wurde noch im Rohbau die Dachbodendecke eingezogen und die Isolierung der Wände und Decken erledigt. Auch der Aufbau und die Verkleidung der Innenwände mit OSB- und Gipskartonplatten bot eine Tätigkeit für unsere Bewohnerinnen und Bewohner, bei der sie wichtige Arbeitsschritte erlernten und Stück für Stück das Werden des Ganzen erlebten. Eine besonders augenfällige Leistung ist die Holzverkleidung der Fassade, die vollständig von der Schreinerwerkstatt der Einrichtung durchgeführt wurde.
Montagewerkstatt, Schlosserei und Grünpflege
Mit solchem Einsatz wird der Subsidiaritätsgedanke der katholischen Soziallehre ganz praktisch umgesetzt und das, was selbst leistbar ist auch selbst gemacht. Dies stärkt den Selbstwert unserer Bewohnerinnen und Bewohner. Außerdem führt es dazu, dass mit dem Gebäude pfleglich umgegangen wird. Bei Hausführungen kann stolz darauf hingewiesen werden, „dass wir das selbst gebaut haben“.
In dem neuen Gebäude sind zwei Therapiewerkstätten untergebracht. In der Montagewerkstatt können alte Kenntnisse aus industriellen Arbeitsstellen eingebracht und Arbeitstugenden wie Sauberkeit, Genauigkeit, Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt wiederbelebt werden. In der zweiten Werkstatt findet die Arbeitstherapiegruppe Schlosserei und Grünpflege eine neue Heimat. Beide Werkstätten werden freundlich vom Tageslicht erhellt.
Entwicklung eines gesunden Selbstvertrauens
Eine gute Lösung ist auch Nähe der Büros der Arbeitsanleiter im direkten Umfeld der beiden Werksräume. Es hat sich gezeigt, dass die schnelle und unkomplizierte Rückfragemöglichkeit für die Bewohnerinnen und Bewohner eine große Sicherheit für die Tätigkeiten erzeugt. Die Nähe zu den Arbeitsanleitern und das aufgebaute Vertrauen ermöglichen es, „Erfolge mit den Bewohnerinnen und Bewohnern zu produzieren“. Dies führt zur Entwicklung eines gesunden Selbstbewusstseins, das für die Bewältigung der Suchterkrankung wesentlich ist. Ein ebenso positiver Aspekt ist, dass die Arbeitsanleiter auch kurze Gespräche im geschützten, schalldichten Raum führen können. Damit wird das Signal gesetzt: „Ich bin für Dich da; ich habe Zeit für Dich“, wodurch sich ein therapeutisch hilfreiches Vertrauensverhältnis entwickeln kann.
Außerdem befinden sich im neuen Gebäude ein Verkaufsraum sowie eine behindertengerechte Toilette für die vom Haus Fischbachtal betriebene Minigolfanlage. Die Minigolfanlage ermöglicht das niederschwellige Hereinholen der Gesellschaft in die Suchthilfeeinrichtung. Die Menschen, die bei uns wohnen, erleben eine unkomplizierte Inklusion – sie gehören dazu und bieten den Gästen ein entspannendes Freizeitvergnügen mit ihren Familien. Der Stolz unserer Bewohnerinnen und Bewohner darauf, ein leistungsbereiter und gebrauchter, anerkannter und gewünschter Teil unserer Gesellschaft zu sein, erweist sich als das beste Therapeutikum.
Tolles Gemeinschaftswerk
Am Schluss gilt es auch Dank zu sagen. Die Verwirklichung dieses Projektes wäre ohne die großzügigen Zuschussgeber und Unterstützer nicht möglich gewesen. Auch auf die bauausführenden Firmen konnten wir uns stets verlassen. Die Zusammenarbeit der Bewohnerinnen, Bewohner und der Mitarbeitenden schuf ein tolles Gemeinschaftswerk, auf das alle stolz sein können. Alle Beteiligten haben gelernt, dass sich engagierter Einsatz lohnt und zu einem guten Ganzen führt.
Gerhard Steidl
Leiter Haus Fischbachtal